Auswahl der Spenderin

Wie finden ausländische Kinderwunschzentren ihre Spenderinnen? Und: Wie werden diese auf ihre „Eignung“ überprüft?

Spenderinnen und Klinik finden auf verschiedenen Wegen zusammen:

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Grundsätzlich ist es deutlich einfacher, Spenderinnen für eine anonyme Spende zu gewinnen als für eine offene Spende, bei der das Kind später die Möglichkeit hat, seine Herkunft zu erfahren. In Ländern wie Spanien und Tschechien sind anonyme Spenden erlaubt, daher gibt es dort auch kaum Wartezeiten für das Empfängerpaar. In Ländern mit einer verpflichtenden „open-identity-Spende“ beträgt der Vorlauf indes oft drei bis neun Monate.

Welches „Screening“ durchläuft die potenzielle Spenderin?

Standarduntersuchungen

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Optionale und zentrumsspezifische Untersuchungen & Beobachtungen

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Gynäkologische Untersuchung

Hier werden die Eizellreserve und Hormonwerte untersucht, da sich daraus Rückschlüsse auf die Stimulierbarkeit ziehen lassen.
Ausgeschlossen werden Frauen mit geringer Eizellreserve („low responder“) und Frauen, die zu einer deutlichen Überstimulation („high responder“) neigen. Letztgenannte könnten bei einer Stimulation körperliche Komplikationen bekommen. Ihnen wird daher von einer Eizellspende explizit abgeraten.
Optionale und zentrumsspezifische Untersuchungen & Beobachtungen

Humangenetische Untersuchung

Hier wird ein sogenanntes Karyogramm erstellt, eine geordnete Darstellung aller 23 Chromosomenpaare einer Zelle. Frauen, deren Ergebnisse auf Chromosomenfehler oder genetische Erkrankungen hinweisen, werden von der Spende ausgeschlossen. In fast allen Ländern ist dieses Karyomapping von potenziellen Spenderinnen gesetzlich vorgeschrieben.
Neuere Methoden der genetischen Untersuchung NGS (next generation sequencing) sind in der Regel nicht im Routinescreening enthalten

Infektionsparameter

Das Transplantationsgesetz (TPG) und die europäische Geweberichtlinie gelten auch für die Eizellspende. Im Vorfeld und auch während der Stimulation werden daher Tests auf HIV-1 und -2, auf Hepatitis B und C sowie auf Syphilis etc. durchgeführt. Nur Frauen, die bei diesen Untersuchungen unauffällig sind, werden angenommen.

Familienanamnese

Hier werden potenzielle Spenderinnen – anhand eines Fragenkatalogs, der sich je nach Zentrum unterscheidet – nach Erkrankungen in ihrer Familie befragt. Mögliche Ausschlusskriterien sind etwa Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in jungen Jahren innerhalb der Kernfamilie. Aber auch andere Krankheiten wie Epilepsie, Suizidalität, Taubheit oder Organerkrankungen spielen eine Rolle.
Diese Familienanamnese basiert ausschließlich auf Aussagen der befragten Frauen. Weder die Eltern noch die Großeltern werden in das Kinderwunschzentrum einbestellt.

Zusätzliche Tests und Untersuchungen

Es gibt Kinderwunschzentren im Ausland, die noch weitere Tests bei potenziellen Spenderinnen durchführen (nach nationaler Gesetzgebung sind sie auch oft dazu verpflichtet).

NGS

Neuere Methoden der genetischen Untersuchung wie NGS (next generation sequencing) werden zunehmend in angelsächsischen Ländern und auf der iberischen Halbinsel angewandt. Dabei werden 300-2200 Gene auf mögliche Erkrankungen untersucht. Die Tests sind komplex und werfen oft mehr Fragen als Antworten auf. Das Recht der potenziellen Spenderin auf genetisches „Nicht-Wissen“ wird dabei oft schnell „wegdiskutiert“.

Psychologische Eignung

Eine potenzielle Spenderin soll befähigt werden, die Tragweite ihrer Entscheidung richtig einzuschätzen. Frauen mit narzisstischen und ausschließlich finanziellen Motiven werden ausgeschlossen. Das gilt ebenso für Bewerberinnen, die „mein Kind“ sagen, wenn es um die Eizellspende geht. Soweit die Theorie. In der Praxis sind solche psychologischen Tests aber oft nur schriftlich und standardisiert; das Gespräch mit einer Psychologin hat indes vor allem aufklärenden Charakter.

Drogentests

Tests auf den Konsum gängiger Drogen sind in den Kinderwunschzentren, die Eizellspenden anbieten, immer häufiger. Allerdings sind moderne Drogen und Amphetamine maximal einige Tage im Blut und im Urin nachweisbar; manche nur 24 Stunden. Leichter und länger ist letztlich nur der Konsum von Cannabis feststellbar.

Beobachtung von Verhaltensauffälligkeiten

Bis Bewerberinnen auch tatsächlich ihre Eizellen spenden, haben sie mehrere Termine im Kinderwunschzentrum absolviert. Dabei werden sie – wie unten beschrieben – vom Team auf Zuverlässigkeit und Cleverness getestet. Bei kleinsten Zweifeln wird klinikintern diskutiert, ob diese Frauen wirklich als Spenderinnen geeignet sind.

Wie alt ist die (potenzielle) Spenderin?

Kinderwunschzentren, die genügend Anfragen von potenziellen Spenderinnen haben, machen einen „Cut off“ bei 30 Jahren – es sei denn, dass zum Beispiel eine 32 Jahre alte Frau bereits zwei Mal ihre Eizellen – erfolgreich – gespendet hat. Erfolgreich bedeutet in diesem Zusammenhang: Es kam infolge der Spende(n) zu einer oder zu mehreren Lebendgeburten. In vielen Ländern liegt zwar die gesetzliche Altersgrenze für eine Spenderin bei 34-35 Jahren, aber dieser Spielraum wird so gut wie nie ausgereizt. Der Hauptgrund: Da die weibliche Fruchtbarkeit bereits mit Ende 20 sinkt, ist eine Altersbegrenzung auf maximal 30 Jahre eine „Qualitätssicherungsmaßnahme“ vonseiten der Kliniken: Nur so können hohe Schwangerschaftsraten erreicht werden – und die wiederum sprechen sich herum, insbesondere in einschlägigen Online-Foren. Indirekt ist das somit eine Werbung für das Zentrum.

Grund für diese „harte Grenze“ ist die bei Frauen altersabhängige Aneuploidie – Rate der Eizellen.. Dabei handelt es sich um zufällige, neu entstandene Chromosomenfehlverteilungen in der Eizelle – je älter, umso höher die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens. Ist die Eizelle genetisch defekt, entwickelt sich der Embryo schlecht: Er nistet sich nicht ein oder es kommt zu einer frühen Fehlgeburt.

Motivation

Grafik ABC Gründe

80/20-Motivation

Eizellspenderinnen sind jung, in der Regel etwa Anfang/Mitte 20, und die meisten von ihnen haben eine „80/20 Motivation“. Das heißt: Zu 80% spenden sie aus finanziellen Gründen. Zu 20% haben sie jedoch auch einen persönlichen Bezug zum Thema Kinderwunsch – es kann zum Beispiel sein, dass jemand in ihrer Verwandtschaft oder im Freundeskreis schon lange ungewollt kinderlos ist; die potenzielle Eizellspenderin weiß somit um das Leid des unerfüllten Kinderwunsches. Andere Eizellspenderinnen wiederum besitzen einen Organspendeausweis oder sind für eine Knochenmarksspende typisiert.

Spanien ist in Europa sowohl bei der Zahl der Organspenden als auch bei Eizellspenden führend. Auch in Ländern wie Tschechien oder Russland ist die Möglichkeit, Eizellen zu spenden, unter jungen Frauen sehr bekannt.

Finanzielle Kompensation

Doch ohne Geld – also aus rein humanitären Motiven – wird sich kaum eine Frau bereit erklären, ihre Eizellen zu spenden. Denn dafür muss sie zunächst Hormone spritzen, damit mehrere Eizellen heranreifen (man spricht hier von Stimulation). Danach müssen diese Eizellen unter Narkose entnommen, also punktiert werden. Eine Eizellspende ist aus diesen Gründen nicht mit einer Samenspende zu vergleichen – eine Samenspende erfordert keinerlei Eingriffe in den Körper.

In einigen Ländern Europas ist zwar die Eizellspende erlaubt, findet aber faktisch nicht statt. Denn: Die Spenderinnen erhalten keine finanzielle Kompensation. Ein typisches Beispiel ist hier Frankreich: Obwohl dort die Eizellspende legal ist, reisen französische Frauen in der Regel nach Spanien, da in Frankreich solche Spenden kaum zu Verfügung stehen – mangels Vergütung. In Spanien hingegen bekommen die Spenderinnen dafür relativ viel Geld, nämlich zwischen 1000 und 1100 Euro – pro Spende. Das gilt auch für Länder wie Tschechien und Großbritannien. Mit dem Geld finanzieren sich die jungen Frauen dann kleine „Extras“ wie Urlaub, Ausgehen oder diverse Anschaffungen. Existenzielle Nöte spielen hier indes keine Rolle, denn die Grundsicherung funktioniert auch in besagten Ländern.

Altruistische Gründe können sein:

  • Ich habe etwas im Überfluss, was ich momentan nicht brauche, und dies stelle ich anderen zur Verfügung.
  • Ich möchte jemandem helfen, der selbst keine Kinder bekommen kann.
  • Alles, was ich gebe, kehrt in irgendeiner Form zu mir zurück (Prinzip der Großzügigkeit).

Biologische Gründe

  • Der Mensch strebt nach Fortpflanzung; eine Eizellspende ermöglicht dies – ohne eigene Erziehungsleistung.
  • Männern wird nachgesagt, dass sie evolutionär bedingt das Bedürfnis haben, ihre Gene zu streuen. Mit dem Spenden von Eizellen ist dies auch Frauen möglich – wenn auch in deutlich begrenzterem Umfang.
  • Ich bin gesund – und ich denke, dass ich gute Gene habe.

Curious-Gründe

  • Ich kann schon mal testen, wie fruchtbar ich bin, weil ich später selbst Kinder haben will.
  • Mal schauen, was mein Körper alles leisten kann.
  • Vor der Spende werde ich umfassend medizinisch und genetisch untersucht – und weiß somit, dass alles mit mir in Ordnung ist (oder eben nicht).
Grafik - ABC Gründe

Persönlichkeit

Eizellspenderinnen sind junge Frauen, in der Regel etwa Anfang/Mitte/Ende 20, die klar bei Verstand sind und mit beiden Beinen im Leben stehen.

Sie schämen sich nicht für das, was sie tun. Sie spenden Eizellen und haben eine – mehr oder weniger – klare Vorstellung davon, dass daraus ein Kind entstehen kann.

Ihr „innerer Bezugsrahmen“ sind die Eizellen und das Kinderwunschpaar, das sonst kein Baby bekommen kann. Das Kind, das aus der Spende entstehen kann und dann – rein biologisch betrachtet – ihr Kind ist, bleibt zum Zeitpunkt der Spende eher abstrakt.

Welche Person ist eine Spenderin?

Ausländische Ärzte und Psychologinnen beschreiben eine Eizellspenderin als eher extrovertiert und angstfrei. Vorsichtige Frauen und/oder Bedenkenträgerinnen   werden in der Regel keine Eizellen spenden, da allein schon die IVF-Behandlung (IVF steht für In-vitro-Fertilisation, also künstliche Befruchtung) viele unbekannte Variablen nach sich zieht. Wie vertrage ich die Hormone? Tut es weh?

Eine beispielhafte Eizellspenderin kann auch anhand eines Persönlichkeitsmodells, des sogenannten „Big 5“, charakterisiert werden. Dieses Modell haben Wissenschaftler auf Grundlage empirischer Forschungen entwickelt. Es eignet sich für eine erste Diagnostik, für Fremd- und für Selbsteinschätzungen. Die „Big 5“ stehen für Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus.

Demnach sind Aufgeschlossenheit für Neues und Gewissenhaftigkeit die Basismerkmale einer Frau, die Eizellen spenden will.

Persönlichkeitsstruktur von Eizellspenderinnen

BIG FIVE

Spenderin Big Five

Welchen Beruf hat eine Spenderin?
Und: Wie ist ihre familiäre Situation?

Eizellspenderinnen sind ganz unterschiedlich: Angestellte, Studentinnen, Arbeiterinnen oder auch Hausfrauen mit Kind(ern). Oft arbeiten sie in einem medizinischen Beruf, da hier die Offenheit gegenüber Spenden jedweder Art traditionell hoch ist. Bei den Kinderwunschzentren ist diese Berufsgruppe auch besonders beliebt, da sie keine Angst vor Spritzen und Narkosen hat.

In expliziten Universitätsstädten sagen IVF-Zentren, dass etwa 80% der Spenderinnen Studentinnen sind.

Typisch für Spenderinnen mit Kindern ist: Sie sind entweder in jungen Jahren schwanger geworden und sind inzwischen alleinerziehend. Oder aber sie leben in einer festen Partnerschaft und ihr eigenes Kind ist noch klein. Die Subgruppe „Mütter mit Kindern“ weiß genau, was sie spendet – und ist sich darüber im Klaren, dass aus besagter Spende neues Leben in einem „fremden Bauch“ entstehen kann. Auch in Kliniken sind junge Mütter als Spenderinnen beliebt, weil sie für „eine gute Schwangerschaftsrate“ stehen.

Oft werden junge Frauen auch nach biographischen Umbrüchen zu Eizellspenderinnen: Sei es, weil sie kürzlich zuhause ausgezogen sind, um in einer neuen Stadt zu arbeiten oder zu studieren. Oder: Sie haben keinen festen Partner, den sie in ihre Spendeentscheidung mit einbeziehen müssten.

Wenn Eizellspenderinnen liiert sind, spielen die Männer natürlich eine Rolle. So gibt es Männer, die ihre Partnerin zu den Klinikterminen begleiten, aber auch jene, die es ablehnen, dass ihre (neue) Freundin Eizellen spendet – obwohl die betroffene Frau diese Entscheidung in der Regel gefällt hat, bevor die beiden sich kennenlernten.

Eine möglich Erklärung: Die Bereitschaft, Eizellen zu spenden, beeinflusst etwa zwei Monate die Sexualität. Denn für die Spende muss die Frau unter Umständen die Verhütung absetzen – und darf im Behandlungszyklus keinen ungeschützten Geschlechtsverkehr haben.

Erfahrungen zeigen, dass der Partner einer potenziellen Spenderin immer mitentscheidet, ob, wann und wo seine Freundin/Frau Eizellen spendet.  Single-Spenderinnen entscheiden dies für sich allein und ziehen meist nur ihre beste Freundin zu Rate.

Cleverness

Zwischen Spenderin und Kinderwunschzentrum gibt es eine besondere Geben-und-Nehmen Balance:

Grafik - Balance

Clevere Auswahl der Klinik

Junge Frauen, die planen ihre Eizellen zu spenden, gehen sehr überlegt vor. Sie recherchieren im Vorfeld Details über die Klinik ihrer Wahl. Da es in den meisten Städten mehrere Kinderwunschzentren gibt, lässt sich auch eine klare Auswahl treffen.

Zentrale Fragen, die potenzielle Spenderinnen bewegen, sind:

  • Werde ich medizinisch und menschlich gut behandelt?
  • Ist eine Eizellspende schmerzhaft?
  • Wie gut werde ich mit all meinen Fragen vor, während und nach der Behandlung betreut?

In Tschechien zum Beispiel gibt es ein großes „social media“-Forum von Spenderinnen und solchen, die es werden wollen. Die etwa 4000 Frauen, die dort registriert sind, tauschen sich regelmäßig aus. Da auch Mitarbeiterinnen aus IVF-Kliniken dort Mitglied sind, können sie die Diskussion über ihre medizinische Arbeit hautnah mitverfolgen. „Spenderinnen sind unsere Diamanten – und wir sollten deswegen sehr gut mit ihnen umgehen“, beschreibt ein ausländischer IVF-Arzt die Situation. Denn: Medizinische Komplikationen, ein schlechter zwischenmenschlicher Umgang miteinander oder fehlende Unterstützung von Seiten der Klinik verbreiten sich schnell im Netz. Die Folge für betroffene Kliniken: Es melden sich weniger potenzielle Spenderinnen.

Doch auch auf persönlicher Ebene, nicht nur im Netz, funktioniert die soziale Kontrolle: Eine Spenderin, die während ihrer Behandlung sehr gut betreut wird, motiviert oft zwei bis drei Freundinnen, ebenfalls Eizellen zu spenden. Und dabei empfiehlt sie natürlich die Klinik, in der sie hervorragende Erfahrungen gemacht hat.

Kliniken brauchen clevere Spenderinnen

Medizinische Kriterien bei der Auswahl einer Spenderin sind von zentraler Bedeutung. Aber: Die letzte Hürde, die eine potenzielle Spenderin nehmen muss, betrifft nach Angaben von Kliniken ihre Cleverness und Zuverlässigkeit.

Denn: Eine IVF-Stimulation setzt voraus, dass eine Spenderin zuverlässig jeden Tag Hormone spritzt – und das über 8 bis 10 Tage. Zudem muss sie die Dosis auf dem sogenannten Pen täglich richtig einstellen. Auch darf sie am Ende des gesamten Zeitraums nicht die entscheidende „Auslösespritze“ für den Eisprung vergessen – und sie muss diese auch zum exakt vorgegebenen Zeitpunkt setzen. Sonst können die Eizellen bei der sogenannten Punktion nicht entnommen werden. Macht eine Spenderin Fehler, sind ihre Eizellen nicht reif oder schon gesprungen. Die Klinik hat dadurch viel Geld verloren, denn bis zur Punktion hat eine Spenderin Medikamente (Hormone) in Höhe von 1000 bis 1500 Euro verbraucht. Nur: Einer Spenderin im Nachhinein Fahrlässigkeit nachzuweisen, ist indes schwer – eigentlich kaum möglich. Daher müssen sich Kliniken auf „ihre“ Spenderinnen verlassen können.

Deshalb schauen sich Klinikmitarbeiter die Bewerberin sehr genau an: Ist sie pünktlich? Gibt es Anzeichen von Drogen oder Alkoholkonsum? Wirkt sie strukturiert? Sobald Zweifel aufkommen, wird die junge Frau höflich mit den Worten verabschiedet, dass die Klinik gerade genügend Spenderinnen hat.

DNA Big Data

Die meisten Eizellspenderinnen spenden in einer Lebensphase der Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft, Offenheit und Neugierde auf das Leben. Für sie ist es oftmals eine Spende, die in der Wichtigkeit und Wertung zwischen Blutspende und kleiner Organspende angesiedelt ist.

Welche Szenarien sind in Zeiten des „DNA-Trackings“ vorstellbar?

Nicht-medizinische Gentests

Wenn die Nachkommen, die ihre Geburt einer Eizellspende zu verdanken haben, den Wunsch entwickeln, etwas über ihre genetischen Wurzeln zu erfahren, sind sie wie 17-20 Millionen andere Menschen auch in den genetischen Datenbanken mehrerer Anbieter unterwegs. Ihre Wurzeln haben diese Datenbanken in der Ahnen- und Familienforschung, mittlerweile werden sie jedoch auch für genetische Mutterschafts- und Vaterschaftsfragen genutzt. Oft ist es möglich, ein Stäbchen mit Speichelprobe einzusenden, um gegen eine Gebühr zwischen 69.- und 99.- Euro die Suche zu beauftragen.

 

Shared cM – Spenderinnen indirekt identifizieren

Auf der Suche nach der Identität der Eizellspenderin ermöglichen moderne Methoden heutzutage auch Umwege.  Da die Spenderin selbst hochwahrscheinlich nicht in den weltweiten DNA-Datenbanken registriert, evtl. aber ihr Bruder, ihre Tante oder ihre Cousine usw. lässt sich mittels genetischer Vergleiche die Identität der Spenderin zumindest „einkreisen“, auch wenn die registrierten Verwandten möglicherweise von der Eizellspende nichts wissen.

Diese Rekombination von Verwandten wird durch so genannte „centiMorgans“ (cM), einer Hilfsmaßeinheit der Genetik, möglich. Die cM geben die Wahrscheinlichkeit einer genetischen Verwandtschaft in Prozenten an. Je höher der geteilte cM, desto näher die Verwandtschaft. So haben beispielsweise direkte Eltern ca. 3400 cM, Halbgeschwister um die 1700 cM.

Mit einem genetischen Onkel oder einer Tante erreicht der Nachkömmling aus einer Gametenspende einen cM-Wert von ca. 1750, mit einem Cousin oder einer Cousine 1. Grades ca.  850 cM.

Unfreiwillig geoutet

Nunmehr ist aber davon auszugehen, dass eine junge Frau in Spanien, Tschechien oder auch anderen Ländern zum Zeitpunkt ihrer Spende nichts von diesen DNA-Suchmethoden und erst recht nichts von der Größenordnung der Datenbanken wusste. In vielen Fällen würde sie sich nämlich dann ihre Spende zwei Mal überlegen.

Das größte spanische IVF-Zentrum betont auf seiner Extra-Website für potentielle Spenderinnen in großem Stil die gesetzlich geregelte Anonymität der Spende und die „Sicherheit“, die dadurch für die Spenderin entsteht. Es fällt kein Wort darüber, dass in Zeiten von DNA-Tests lebenslange Anonymität keinesfalls garantiert werden kann.

Detekteien

Noch bizarrer ist der wachsende Markt von klassischen Detekteien, die sich auf die Suche nach Eizell-Spenderinnen spezialisieren. Je nachdem, wie die Gesetzeslage in dem jeweiligen Land ist und je nachdem wie lange die Spende zurückliegt, kostet dies die Auftraggeberin oder den Auftraggeber zwischen 15.000 Euro und 75.000 Euro.

Konsequenzen für das Kind

Wollte die Spenderin tatsächlich anonym bleiben, wird sie über keine der o.g. Methoden hoch erfreut sein.  Auch sie wird sich betrogen fühlen, wenn sie feststellen muss, dass es Lücken im System gibt, die ihre Identität aufdeckt. Anzunehmen ist, dass ihre Reaktion auf den Kontaktwunsch des Kindes deshalb erstmal eher negativ getrübt wird.

 

Das Dilemma bleibt

Die einfache Lösung „wir machen eine offene Eizellspende, damit das Kind seine Wurzeln kennenlernen kann“ funktioniert nur teilweise. Kliniken in Ländern mit offener Spende weisen ihre Spenderinnen explizit darauf hin, dass die Offenlegung ihrer Identität nicht bedeutet, dass sie in Kontakt mit dem Kind treten müssen. Die Spenderinnen wissen heute nicht, wie sie 20 oder 30 Jahre später ihre Entscheidung zur Spende bewerten werden. Wie werden sie leben? Was ist, wenn ihr späterer Lebenspartner nichts von der Spende weiß? Welche Auswirkungen wird der Kontaktwunsch des Spenderkindes auf ihre eigenen Kinder haben?

Fragen über Fragen. Und bis auf eine Behörde in Großbritannien und einige progressive US-amerikanischen Kliniken, gibt es keine behördliche oder offizielle Organisation, die Kontaktanbahnungen regelt oder das Kennenlernen steuert.

 

Fehlende Rückkoppelung für die Spenderin

Immer mehr Spenderinnen haben ein Interesse daran, zu erfahren, ob ihre Spende zu einer Schwangerschaft geführt hat, ob es ein Junge oder ein Mädchen geworden ist und ob das Kind gesund ist. Bislang gibt es diese Information nur in Australien und Neuseeland, vereinzelt noch in wenigen anderen Ländern. Dieser Austausch von Basisinformationen ist in Europa nicht üblich. Sie sind aus therapeutischer Sicht aber wichtig, damit die junge Frau ihre Spende psychisch gut abschließen kann.